Die FWV-Fraktion im Gemeinderat Eriskirch begrüßt, dass nun mit dem Urteil des Landgerichts endlich der Rechtstreit zwischen den beiden Parteien einen Abschluss finden kann. Das Urteil stellt fest, dass zwar eine Unterwertveräußerung stattgefunden hat, doch diese nicht gegen die EU-Beihilfeverordnung verstößt und deshalb der Grundstückskaufvertrag vom 22.06.2017 nicht nichtig ist, sondern weiterhin Bestand hat.
Diese Feststellung des Gerichts ist eine nüchterne Entscheidung einer Sachfrage, es geht dabei nicht um Schuld oder Unschuld von irgendjemand. Leider kostet diese Entscheidung bzw. der Rechtsstreit nun die Gemeinde viel Geld. Natürlich wird wieder erneut darüber diskutiert, ob denn der Rechtsstreit wirklich sein musste.
Diese Frage ist recht klar mit „leider ja“ zu beantworten. Der Gemeinderat hatte aus nachher noch zu nennenden Gründen beschlossen, dass eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei den Kaufvertrag überprüfen sollte. Die Prüfung sollte darlegen, ob die andere Vertragspartei im Kaufvertrag verankerte Pflichten und Nebenbestimmungen verletzt hat und ob die Gemeinde daraus folgend Ansprüche geltend machen kann. Die Anwälte stellten fest, dass möglicherweise der Kaufvertrag nichtig sein könnte, wenn wegen der Inklusionswohnungen, den zwei Büros und dem Cafe eine erhebliche Unterwertveräußerung erfolgt wäre.
Um diese Frage der Unterwertveräußerung zu klären, beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung beim Gutachterausschuss für den östlichen Bodenseekreis ein entsprechendes Wertgutachten einzuholen. Der Gutachterausschuss arbeitet unabhängig und weisungsfrei, erstellt unzählige Wertgutachten und legt die Bodenrichtwerte für die Gemeinden fest und war deshalb erste Wahl für diesen Auftrag. Der Gutachterausschuss ermittelte mit mehreren unterschiedlichen Methoden einen um 477.000 EUR höheren Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräußerung. Bei Zugrundelegung dieses Verkehrswerts wäre das EU-Beihilferecht verletzt worden und der Kaufvertrag möglicherweise nichtig, so die rechtliche Beurteilung der Anwälte. In der Folge beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung und die Rechtsanwälte mit der anderen Vertragspartei Verhandlungen aufzunehmen, um einvernehmlich einen Weg zu einer rechtsgültigen vertraglichen Lösung zu finden.
Die andere Vertragspartei hat allerdings – was ausdrücklich betont ihr gutes Recht ist – die Rechtslage und den Verkehrswert anders beurteilt. Letztlich hat die andere Seite auch die Beauftragung eines gemeinsamen Schiedsgutachters zur Ermittlung des relevanten Verkehrswerts abgelehnt. Auch daraus ist der Gegenseite kein Vorwurf zu machen, es war ihr gutes Recht. Die Einreichung der Klage der Gemeinde zur abschließenden Klärung der Rechtsfrage war die letzte Konsequenz aus dem vergeblichen Versuch, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Weshalb musste das so kommen? Wäre der vom Gutachterausschuss ermittelte Verkehrswert vom Gerichtsgutachter so bestätigt worden, wäre klar gewesen, dass der Gemeinderat für die Schaffung der Inklusionswohnungen, etc. nicht rd. 40 % des Kaufpreises nachgegeben hätte. Der Gemeinde wäre also ein finanzieller Schaden entstanden. Der Gemeinderat ist wie auch der Bürgermeister verpflichtet, von der Gemeinde finanziellen und sonstigen Schaden abzuwehren. Wenn es also eine Möglichkeit gab, diesen durch die Unterwertveräußerung um 477.000 EUR entstandenen Schaden deutlich zu reduzieren oder auszugleichen, so musste der Gemeinderat alle hierfür erforderlichen Schritte unternehmen. Selbst wenn der Gemeinderat auf die Klage hätte verzichten wollen, hätte der Bürgermeister einem solchen Beschluss, der aus damaliger Sicht wenn nicht rechtswidrig, dann zumindest zum Nachteil der Gemeinde gewesen wäre, auf der Grundlage von § 43 Abs. 2 GemO widersprechen müssen bzw. können.
An dieser Stelle ist es uns ein Anliegen zu betonen, dass wir die Klage nicht leichtfertig erhoben haben, sondern dass wir dies an die Zusicherung einer sehr hohen Erfolgsaussicht geknüpft haben. Angesichts des Streitwerts und der zu besorgenden Kosten wäre eine Klageerhebung bei einer 50:50 Erfolgsaussicht unverantwortlich gewesen und nicht erfolgt. Nun hat sich halt mal wieder der alte Spruch bewahrheitet, dass man vor Gericht und auf hoher See in der Hand Gottes ist.
Und weshalb kam es zur Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei zur Prüfung des Kaufvertrags? Bestandteil des Kaufvertrags ist eine Verpflichtung, die Gebäude und Außenanlagen entsprechend der eingereichten Pläne herzustellen. Die Pläne, Gebäudeansichten und Grundrisse sind Bestandteil des Kaufvertrags. Die Baugesuchsunterlagen sind im Ratsinfosystem zur Sitzung vom 26.04.2017 einsehbar. Als das Gebäude C errichtet wurde, war die Abweichung bezüglich der Fassade und des Grundrisses des Erdgeschosses offensichtlich. Weiter war aus den Änderungen anzunehmen, dass anstelle von 2 Büroeinheiten im Erdgeschoss drei Wohnungen erstellt wurden. Für die erheblichen Abweichungen von dem ursprünglichen Baugesuch wurde vor Baubeginn kein dafür erforderliches Änderungsgesuch eingereicht. Da die Umsetzung des Baugesuchs Bestandteil des Vertrages war, wurde die Überprüfung des Kaufvertrages letztlich durch die von der Bauträgerin durchgeführten Abweichungen von der Baugenehmigung ausgelöst. Bei genehmigungskonformer Ausführung des Gebäudes C wäre niemand auf die Idee gekommen, die vertraglichen Pflichten überprüfen zu lassen.
Wir haben bei der Abstimmung dafür gestimmt, keine Berufung einzulegen. Wir verbinden dies auch mit der Hoffnung, dass nun endlich zu diesem Thema Ruhe einkehrt, nicht nur in der Gemeinde, sondern auch hier im Gemeinderat.
