Neben Mitgliedern der FWV folgten zahlreiche Interessierte sowohl aus Eriskirch als auch aus Nachbargemeinden der Einladung des FWV-Arbeitskreises Energie zur Besichtigung der Agri-Fotovoltaik-Anlage von Hubert Bernhard in Kressbronn am 24. September. Die Idee mit der Stromproduktion entstand im Jahr 2019, als das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ initiiert wurde. Nachdem 90 Prozent der betrieblichen Flächen im Landschaftsschutzgebiet liegen, wollte Hubert Bernhard den Betrieb vor der Übergabe an seine Tochter mit einem weiteren Standbein absichern. Also erfolgte die Kontaktaufnahme mit dem namhaften Fraunhofer-Institut in Freiburg, insbesondere weil dort bereits Erfahrungen mit Agri-Fotovoltaik aus dem Ausland vorlagen. Laut Hubert Bernhard handelt es sich bei seiner Anlage auf vier Hektar Fläche um die erste mit PV-Modulen überdachte bestehende Apfelplantage in Deutschland. Äpfel gelten aufgrund ihrer hohen Lichtbedürftigkeit als die schwierigste Obstkultur. Wissenschaftliche Begleitung erfährt das bis 2024 laufende Pilotprojekt neben dem Fraunhofer-Institut durch das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) in RV-Bavendorf. Der Solarstrom wird in das Stromnetz des Regionalwerks Bodensee eingespeist. Nach einer Zuschussablehnung durch den Bund signalisierte das Land Baden-Württemberg Offenheit für das Projekt. Mitte Mai ließ es sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht nehmen, die Anlage offiziell zu eröffnen. Gemäß der Darstellung von Hubert Bernhard überwiegen die Vorteile der PV-Überdachung gegenüber Folien bislang klar. Zum zusätzlichen Schutz gegen Hagel und Regen reicht ein kleines Netz aus. Neben größeren Äpfeln konnten auch bis zu 70 Prozent an Pflanzenschutzmitteln eingespart werden. Zu viele Spritzvorgänge brächten ansonsten ein Verunreinigungsproblem der Module mit sich. Hinzu kommen bedingt durch die geringere Verdunstung ein bis zu 30 Prozent geringerer Bewässerungsbedarf mittels Tropfbewässerung sowie ein Schutz des Obstes gegen Sonnenbrand durch die aus den Modulen und dem kleinen Netz bestehende Abdeckung. Als besonderen Aspekt erwähnte Hubert Bernhard einen auf die Jagd unter die überdachte Anlage einfliegenden Greifvogel. Bei den auf Ständern befestigten PV-Modulen handelt es sich nicht um „Standardware“ mit 2 x 1 Meter, sondern um spezielle lichtdurchlässige Module mit anderer Größe, welche aus deutscher und chinesischer Produktion sind. Die Anwesenden erfuhren zudem, dass sich nicht alle Apfelsorten für Agri-Fotovoltaik eignen und auf Flächen des Betriebs Bernhard auch schorfresistente Sorten eingepflanzt werden sollen. Auf einem Hektar Agri-PV soll eine „Stromausbeute“ von 650 bis 700 Kilowatt (kW) möglich sein. Dies bedeutet die Versorgung von 70 Haushalten mit Strom. Zur autarken Stromversorgung von Kressbronn würden 26 bis 27 Hektar Obstanbaufläche benötigt werden. Sechs Wochen musste Hubert Bernhard auf die Genehmigung für seine Anlage warten. Er bemängelte besonders die sonst sehr lange Dauer der Genehmigungsverfahren. Angestrebt wird deshalb die Privilegierung für Anlagen dieser Art. Auf politischer Ebene trat er aus diesem Grund mit verschiedenen Mandatsträgern in Verbindung. Die Beschleunigung der Verfahren erachtete er als unabdingbar für das Gelingen der Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Entscheidend forciert werden muss neben der Stromproduktion auch der Ausbau der Speichertechnologien. Mit einer kräftigen Steigerung vergleichbarer Anlagen rechnet Hubert Bernhard in den kommenden zwei bis drei Jahren, weil dann konkrete Zahlen und Erfahrungen vorliegen. Die Kosten für einen Hektar Agri-PV belaufen sich auf 800.000 bis 850.000 Euro im Gegensatz zur wesentlich günstigeren Freiflächen-PV. Günstiger dürfte es für interessierte Landwirte werden, sobald der Maschinenring die Herstellung von Agri-PV-Anlagen anbietet bzw. übernimmt. Nicht unerheblich sind zusätzlich die aktuell langen Lieferzeiten für die Anlagenteile mit 12 bis 18 Monaten. Mithilfe seiner Führungen will Hubert Bernhard die Akzeptanz von Agri-PV-Anlagen bei der Bevölkerung steigern. Bei seinen bislang nicht wenigen Führungen sprach sich noch niemand gegen seine Anlage aus. Mit viel neuem Input traten die Teilnehmenden wieder die Heimfahrt an.