Haushalt 2024 – Stellungnahme zum Haushaltsentwurf

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Macherauch,

dieser Haushaltsentwurf ist der fünfte und letzte in dieser außergewöhnlichen Wahlperiode des Gemeinderats. Außergewöhnlich in verschiedener Hinsicht: In fünf Jahren haben drei verschiedene Kämmerer und drei stellvertretende Kämmerer an den Haushaltsentwürfen gearbeitet. Drei Jahre hat die Coronapandemie das Leben und das Arbeiten in der Gemeinde geprägt. In dieser Zeit wurde die Festhalle umgebaut und in Betrieb genommen. Es wurde das Gemeindeentwicklungskonzept erarbeitet und ein Sanierungsgebiet „Ortskern Eriskirch und Neue Mitte“ mit Förderprogramm beschlossen. Die Sanierung der Schulfassade mit integrierter Belüftung wurde begonnen.
Für die Jahre 2020-22 wurden drei Haushalte jeweils mit erheblichen Fehlbeträgen beschlossen. Dass diese am Ende dann doch mit Überschüssen abgeschlossen haben, hatte verschiedene Gründe. Einer davon war, dass immer sehr kritisch gespart wurde. Die wiederholt vorgeschlagene Anhebung der Grundsteuer erfolgte nicht, so dass diese seit 2018 unverändert ist. Gerade noch zum richtigen Zeitpunkt hat sich die Gemeinde mit einem sehr, sehr günstigen Investitionskredit von 2 Mio deutlich verschuldet, aber damit ihre Liquidität gesichert. Der Haushalt 2023 war ausgeglichen geplant, der aktuelle Haushaltsentwurf 2024 sieht einen Fehlbetrag von 130.000 EUR vor. Dieser Fehlbetrag im Ergebnishaushalt ist angesichts der Ergebnisrücklage akzeptabel und ausgleichbar.
Ein reicher Mann hat einmal zu mir gesagt, „nicht von dem, was du einnimmst, wirst du reich, sondern von dem, was du nicht ausgibst“. Bei den laufenden Verwaltungsausgaben ist nach den vergangenen Sparhaushalten der Gürtel schon im engsten Loch. Auch die Personalkosten halten sich mit ca. 19 % Anteil an den Ausgaben im Ergebnishaushalt auch im Vergleich mit anderen Gemeinden im erträglichen Rahmen.
Die Musik spielt bei den Investitionen: für 2024 sind da netto 3,06 Mio EUR vorgesehen. Das wird die Liquidität erheblich belasten und voraussichtlich die liquiden Mittel von 3,4 auf 1 Mio EUR reduzieren. Wesentliche Positionen sind dabei die Kosten für die Fassadensanierung an der Schule und ein Ansatz für den Erwerb von Grundstücken. Die Liste der Investitionen in 2024 ist lang, deshalb ist es kein Wunder, dass die liquiden Mittel so stark abnehmen. Für 2025 ist die im Haushaltsplan abgedruckte Investitionsliste deutlich kürzer und entsprechend auch der beschriebene Mittelabfluss entsprechend geringer. Die Liste zeigt aber nur, was jetzt schon absehbar ist und eine ganze Reihe an Positionen fehlen. Die Gemeinde Eriskirch hat in den letzten Jahren mit dem Bau der Sporthalle und dem Umbau der Irishalle mit dem neuen Kindergarten und aktuell der Sanierung der Schulfassade
eine gewaltige Leistung vollbracht. Das war finanziell noch leistbar, weil Rücklagen aus dem Haushaltsplan 2024 Verkauf von Baugrundstücken in der neuen Mitte vorhanden waren. Diese Rücklagen sind jetzt aufgebraucht und wir leben von der Hand in den Mund. Dies vor allem deshalb, weil keine Erlöse aus Grundstücksverkäufen in Neubaugebieten mehr zu erwarten sind, die drin-
gend benötigte zusätzliche Liquidität bringen würden. Jetzt muss uns das Geld reichen, das zu 30 % aus der Einkommenssteuerumlage, zu 24 % aus Schlüsselzuweisungen, zu 10 % aus der Gewerbesteuer und zu 5 % aus der Grundsteuer kommt. Das sind die wichtigsten Einnahmequellen. Dabei hängen insbesondere die Einkommensteueranteile an der Zahl der in Eriskirch lebenden Arbeitnehmer. Da profitieren wir noch von vielen Gutverdienern in den Großbetrieben in Friedrichshafen. Der Blick auf die Schlagzeilen zur wirtschaftlichen Situation der ZF lässt die Sorgenfalten unseres Kämmerers sicher ebenso tiefer werden, wie die Alterspyramide. Diese zeigt, wieviel Arbeitnehmer oder auch Babyboomer in Eriskirch in den nächsten Jahren in Rente gehen und in der Folge die Einkommensteueranteile sinken werden. Da wir kaum Chancen haben, neues Gewerbe anzusiedeln, fällt die Gewerbesteuer als Ersatz aus. Und was ist mit der Grundsteuer, deren Anhebung der verstorbene Kämmerer Anton Ganser immer zum Ausgleich des Haushaltsdefizits vorschlug? In diesem Jahr brauchen wir keine Anhebung und nächstes Jahr soll die Grundsteuerreform in Kraft treten. Diese wird, sofern sie tatsächlich kommt, voraussichtlich Eigenheimbesitzer stärker belasten und Wohnungsbesitzer entlasten. Wir von der FWV werden uns dafür einsetzen, dass das Gesamtsteueraufkommen aus der Grundsteuer auch in 2025 in der Summe gleich bleibt und die Hebesätze für die Grundsteuer A und B entsprechend abgesenkt werden. Damit die Einkommenssteueranteile nicht absinken, wird es wichtig sein, dass wir auch weiterhin ein attraktiver Wohnort bleiben, mit funktionierender Infrastruktur, einem attraktiven Vereinsleben, guten Kindergärten und einer Grundschule. Ebenso wichtig ist es, eine verträgliche Innenentwicklung zu fördern und wenigstens auf diese Weise das Entstehen neuer Wohnungen zu unterstützen. Der Gemeinderat hat sich dazu vorgenommen die Rahmenbedingungen dafür in Grundsätzen für die Innenentwicklung zu formulieren. Damit sollen unerwünschte Folgewirkungen, z.B. im ruhenden Verkehr nach Möglichkeit vermieden werden. Auch das beschlossene Sanierungsgebiet im Ortskern Eriskirchs mit den attraktiven Fördermöglichkeiten trägt zur Modernisierung des Ortes bei. Zur Infrastruktur gehören nicht nur die beiden neuen Hallen, von denen insbesondere die Sporthalle sehr gut genutzt wird. Leider lässt dies bei der Irishalle aktuell noch stark zu wünschen übrig. Hier gilt es nochmals nachzusteuern. So schön die neuen Hallen sind, so hat die Bündelung der finanziellen Ressourcen für deren Bau doch dazu geführt, dass andere Einrichtungen im Schatten geblieben sind und sich ein erheblicher Sanierungs- und Investitionsstau angehäuft hat. Die Liste der Gebäude und Einrichtungen mit Sanierungsbedarf ist sehr lang und findet sich nicht annähernd mit den zu erwartenden Kosten in der Investitionsliste für den Haushalt 2025 wieder. Einige Beispiele:
• Die Sanitäranlagen in der Irisschule
• Der Hangrutsch in der Baumgartener Straße
• Die alten Schulen Eriskirch und Mariabrunn
• Der Kindergarten Mariabrunn
• Das Rathaus Eriskirch
• Der Bauhof Eriskirch
• Das Strandbad
• Die barrierefreie Umgestaltung von Bushaltestellen
Die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen werden viele Millionen Euro teuer, die wir voraussichtlich nicht dann haben werden, wenn wir sie bräuchten. Selbst wenn einige Maßnahmen noch etwas aufgeschoben werden, werden wir wohl um weitere Kreditaufnahmen nicht herumkommen. Die Zinsaufwendungen werden dann den laufenden Haushalt belasten und den Handlungsspielraum weiter einengen. Der nächste Gemeinderat wird sich deshalb auch damit befassen müssen, ob es sich die Gemeinde wirtschaftlich leisten kann, alle Liegenschaften zu be- und erhalten. Die Entscheidung darüber wird schwierig und vielleicht auch schwer zu vermitteln sein, weil vielfach Erinnerungen und Emotionen an Gebäuden hängen. Vor diesem Hintergrund ist zu wünschen, dass die nächsten Gemeinderäte alle Optionen unvoreingenommen prüfen und nüchtern das Für- und Wider auf der Basis von Fakten abwägen. Im Interesse des Gemeindewohls ist zu hoffen, dass die zuletzt bei einigen Gemeinderäten zu beobachtende Neigung, sich vorschnell festzulegen und mit einem „Nein, nicht mit uns“ zu positionieren, wieder verschwindet. Diese populistischen Äußerungen mögen im ersten Moment bei manchen gut ankommen, aber sie verschärfen das Problem, Kompromisse zu finden und den Bürgern die Entscheidungen nachvollziehbar zu erklären. Diese Entwicklung in der großen Politik können wir hier vor Ort nicht brauchen. Wir brauchen ein ergebnisoffenes Denken in Graustufen und nicht in Schwarz-Weiß, eine sachliche und faktenbasierte Diskussionskultur, die am Ende zu Kompromissen fähig ist. Die oben beschriebenen Herausforderungen für den Gemeinderat sind wahrlich groß genug. Eine gute, faire Zusammenarbeit im Gemeinderat ist die notwendige Grundlage für die Bewältigung der Herausforderungen. Dies wünsche ich dem nächsten Gemeinderat, der im Juni neu gewählt wird.

Zum Ende meiner Rede möchte ich danke sagen:
• Der ganzen Verwaltung und dem Team vom Bauhof für ihre Arbeit und den großartigen Einsatz für unser Eriskirch im vergangenen Jahr.
• Ihnen Herr Macherauch und auch Herrn Nissen, ihrem Stellvertreter. Sie haben sich beide mit großem Einsatz in das neue Aufgabengebiet und die alte Software hervorragend eingearbeitet. Danke auch für die angenehme und sehr konstruktive Abstimmung mit den Vertretern der Fraktionen im Vorfeld. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich hier wohlfühlen und uns noch lange Zeit erhalten bleiben.
• Allen Zuhörerinnen und Zuhörern hier im Ratssaal für Ihr geduldiges Zuhören.

Eriskirch, 22.02.2024

Egon Wetzel
Fraktionsvorsitzender der FWV-Fraktion